Da sind wir wieder, liebe Leser. Frisch und ausgeruht (Sie), leicht genervt mit Tanknadel auf Reserve-der-Reserve (ich) erreicht unsere Reise nun die Servicestation eines internationalen Ölmultis um dort einen Teil von Kinder- und Elterngeld via Mineralölsteuer in den Staat zu reinvestieren und nebenbei die Fahrbereitschaft des Arbeitswägelchens wieder herzustellen.
Hauptproblem hierbei war weder ein monetäres, noch, dass mich Tanken über Gebühr anstrengen würde. Nein, vielmehr ist der junge Mann derjenige, der sich an der Aussicht auf Zapfsäulen und Waschbetonplatten irgendwie so gar nicht erfreuen kann und dies auch lauthals kundtut. Papa steht nun also mit der Zapfpistole in der Hand außen vor dem Wagen, wo er gerne auch wäre um den KFZ-Dreck auch ja in jede Pore seines Körpers aufzunehmen und Papa eine anschließende Reinigung mit Kernseife aufzuerlegen - abgelehnt!
Also wird der kleine Mann kurz in Sichtweise der Kasse abgeparkt, was schon skeptische Blicke hervorruft, ob ich denn ein Tankpreller sein könnte. Bei Anblick des unzufriedenen Babys wird aber auch dem in der Nähe weilenden Tankwart klar, wer hier die Regierungsgewalt ausübt und Papa kann ungestört bezahlen und die Fahrt fortsetzen.
Ein kurzer Zwischensprint mit "Gagaga" und Konsorten und wir stehen vor dem lokalen Frischemarkt. Junior schwupp in den nächsten Einkaufswagen, Verbrezelung und Seitensteifigkeit werden diesmal schon vorab am leeren Gerät getestet und los gehts.
Erste Station - der Zeitschriftenstand
Hier könnte ich gut und gerne 15 Minuten verschwenden, ich lese gerne und auch querbeet, aber muss den Konjunktiv nutzen, da Zeitungen, noch dazu außer Reichweite, ebenso wenig babykompatibel sind wie Tankstellen, wird nur das absolute Kurzprogramm gefahren: Zeitschrift halbblind ausgewählt, Lottoschein gezückt und ab zur Kasse. Hier ist ein großes Schild aufgestellt:
Bitte von rechts in die Schlange stellen
Soweit so einfach, gesagt, getan. Leider gibt es natürlich immer Menschen, die meinen, Regeln auf Schildern seien frei interpretierbar. Hat das im Verkehr in der Regel wenig Erfolg, wenn man beispielsweise ein hübsches Foto nach Hause bekommt, welches einen mit 50 in der 30er Zone abgebildet hat, so ist die Auslegung im Supermarkt mindestens flexibler. So hatte sich das auch die rüstige Renterin samt Hackenporsche gedacht, die unverfroren von links hinten ihren Platz in der Schlange erobern wollte. Dezente Hinweise der übrigen Wartenden wurden pampig kommentiert, es sei ihr ja wohl nicht mehr zuzumuten einmal um die ganze Schlange (3 Personen) herum zu laufen mit ihrem Einkaufstrolley, da müsse man schon einmal Verständnis zeigen. Nun, Erwachsene mögen Verständnis haben, vermutlich, weil wir uns unseren Teil dazu denken können. Mein Sohn hingegen hat das Herz auf der Zunge und zeigte sich, wohl weniger des Verhaltens, als mehr des Tonfalls der Sozialleistungsbezieherin empört, was er auch sofort laut und deutlich ihr gegenüber äußerte.
Man stelle sich vor, mitten im Supermarkt fängt ein Baby an, eine "arme alte Frau" lautstark im Babysprech auszuschimpfen. Das Highlight des Tages, nicht nur für mich, sondern auch für alle Umstehenden inklusive Verkäuferin. Nun ja fast alle, denn die Dame hatte es plötzlich SEHR eilig ihren Hackenporsche und sich aus dem Markt zu entfernen.
Zweite Station - Obst
Hier bekommt Baby große Augen - so bunt, so exotisch ...und wieder so weit entfernt von diesem verdammten Alugefängnis in das Papa ihn gesetzt hat ;). Überspringen wir also den kurzen Protestteil und nehmen Baby samt der aus dem Wagen geangelten Bananenfamilie mit in die nächste Abteilung.
Dritte Station - Wurst & Käse
Lieblingsstation von Vater und Kind. Ich bekenne, ich liebe Fleisch, ein Dasein als Vegetarier ist für mich schlicht nicht vorstellbar. Allerdings muss auch ich mir manchmal ins Gedächtnis rufen, dass wenn vor mir und meiner Frau zwei wunderbare, auf den Punkt gegarte, Filetsteaks liegen, gleichzeitig auch zwei Tiere hierfür verantwortlich zeichnen. Aus diesem Grund sind wir in diesem Punkt bereits vor einigen Jahren (und definitiv bevor es hipp wurde) auf Bio-Fleisch umgestiegen. Nein, ich glaube nicht, dass es besser schmeckt, oder so viel gesünder ist (was rotes Fleisch im Körper anstellt ist ja leidlich untersucht und wird am besten verdrängt), ABER das Tier hatte wenigstens etwas mehr Lebensqualität - und genau das ist mir den Mehrpreis, wie bei Eiern auch, wert.
Für die Miniausgabe von mir ist die Abteilung ebenso toll, wenn auch aus anderen Gründen. Die Käsetheke hat nämlich die ideale Höhe um die hochgestapelten, interessant riechenden, gelben Dinger aus dem Sitz heraus zu angeln und anschließend ausgiebig zu untersuchen (Endergebnis siehe Teil I dieses Posts). Die obligatorische Extrawurst an der Bedientheke, diese Woche durch Hühnerbrust substituiert, ist selbstverständlich auch ein Argument, das einen langweiligen Schiebetrip plötzlich zumindest geschmacklich interessant werden lässt.
Stationen vier bis sechs - Kühltheke, Süßwaren, Getränke
Bericht entfällt, da Baby immer noch mit seiner Wurstscheibe vollständig ausgelastet war.
Siebte Station - Tiefkühl
Spannend, sehr spannend. Die Arme sind lang genug um sich neuen Reizen auszusetzen. Insbesondere das eintauchen in die Truhe und das plötzliche Gefühl an den Fingern führt zu irrem Lachen und freudigem Glucksen ob der neuen Spielvariante.
Letzte Station - Kasse
Ein letztes Gefecht, wir erinnern uns, der Junior sitzt im Kindersitz des Einkaufswagens und thront somit ca 15 cm oberhalb des Kassenbandes. Ein willkommener Spielplatz. All das, was Papa vorher mühevoll von ihm entfernt aufgeschichtet hat muss nun aufs Band. Somit ist es endlich in Reichweite und kann umdekoriert, geangelt oder auch einfach nur herunter gestoßen werden. Während also die Kassiererin mit dem Baby im Wettstreit liegt, wer die Ware schneller angelt, dankt der Alltagspapa seiner Erfahrung, die ihm in den vergangenen zehn Monaten beigebracht hat, Eierkartons und ähnlich fragiles rechtzeitig am Anfang des Bandes und somit mit seinem eigenen Körper als Schutz vor Kindes Reichweite zu drapieren.
Aftermath:
Hier schließt sich dann das Abenteuer Großeinkauf, das Haus ist erreicht, Papa schleppt Kind und Einkäufe hoch, Kind räumt Obst aus, während ich versuche die Kühlkette einzuhalten. Nachdem die angekauten Bananen und Pflaumen dann auch entsorgt sind, stellt der Nachwuchs fest, wie erschöpfend das Ganze doch war und liegt keine fünf Minuten später sanft schlummernd in Papas Armen.
Was für ein toller Tag!