Die Karriereampel für Väter in Elternzeit |
Die vergangenen Tage habe ich viel über das Zusammenspiel von mir, meinem Sohn und unserer Familie berichtet. Heute widmet sich das Blogpost einem anderen Schwerpunkt und Namensgeber - der Karriere.
Wie bereits im allerersten Beitrag beschrieben, habe ich die Entscheidung für meine lange Elternzeit im vollen Bewusstsein getroffen, meiner Karriere damit nichts Gutes zu tun. Heute möchte ich einmal auf die Hintergründe eingehen, die sicher auch andere so, oder so ähnlich, bei ihrem Arbeitgeber vorfinden.
Bei uns in der Firma ist es so: Einmal im Jahr müssen die Vorgesetzten die Leistung und Qualität ihrer Untergebenen bewerten. Dies geschieht jeweils zum Stichtag 1. Mai rückwirkend für die 12 vorherigen Monate. Für verschiedene Kriterien, von Aufgabenerledigung, Datenqualität, Kundenbeschwerden bis hin zu Teamfähigkeit und Belastbarkeit werden Noten analog zu Schulnoten vergeben. Diese wiederum bilden am Ende eine Beurteilung nach den Grundsätzen des arithmetischen Mittels, wobei einzelne, für den jeweiligen Aufgabenbereich besonders wichtige Punkte in der Wertung verstärkt werden. Hieraus ergibt sich dann eine Note von 1 - 6, wobei letztere faktisch nicht vorkommt, da man sich hier - einen guten Manager vorausgesetzt - rechtzeitig vom Arbeitnehmer getrennt haben sollte.
Während eine 5 also dringenden Handlungsbedarf anzeigt und ein Angestellter mit einer 4 voll im Soll liegt, wird es ab der 3 interessant. Ebenso wie die 6 ist die 1 faktisch nicht erreichbar, da hier nur außerordentliche Taten, die mindestens den Eingang in die überregionalen Teile der Bildzeitung finden, gewertet werden. Die Mehrheit der Kollegen ist also bestrebt mit 2 bis 3 aus dem jährlichen Beurteilungswahnsinn zu enteilen.
Hier kommt jetzt zudem weitere Besonderheiten des Bewertungssystems zum Tragen. Die "unverbindliche Richtline" des Unternehmens geht davon aus, dass in einem Team in der Regel 25% der Kollegen eine 2 bekommen und 33% eine 3, der Rest analog dazu schlechter.
Während für die 25% mit einer 2 vorgeschrieben ist, dass hier Entwicklungs- bzw. Förderpläne aufgestellt werden, ist es bei den Kandidaten mit einer 3 dem jeweiligen Manager überlassen, ob er eine Tendenz zur 2 sieht und deshalb frühzeitig eine ähnliche Förderung beginnen möchte.
Reden wir also über ein Team vom beispielsweise 12 Kollegen, muss der Manager für 3 von ihnen einen solchen Plan entwerfen. Dieser wird alsdann einer jeweils im September des Jahres tagenden Runde der Geschäftsführung vorgelegt, welche die getroffene Empfehlung entweder bestätigt und die Umsetzung einleitet, oder aber verwirft und den Manager zur Nacharbeit verdonnert. Da beides ungefähr so gut vorherzusagen ist wie heute das Wetter in München am 11.10.2016, können Sie sich vorstellen, wie bereitwillig ein gut ausgelasteter Manager die optionalen Förderpläne für "Dreier" ausfertigen möchte...
Was ist nun also für mich die konkrete Folge? Nun, bisher war ich glücklicherweise immer ein Kandidat für eine 2, erste Förderungen durfte ich auch bereits absolvieren. Durch meine erste Elternzeit Ende 2014 musste ich für das abgelaufene Jahr - Stichwort Jahresendspurt, alle strengen sich nochmals besonders an - eine 3 hinnehmen (Eine Förderung 2014 entfiel zudem weil ich ja "bald weg sein würde"). Für das kommende Jahr kann ich mir ebenfalls aufgrund der Abwesenheit über sechs Monate keine realistischen Hoffnungen auf "mehr" machen. Faktisch hat dies zur Folge, dass ich, weil ich mein Kind betreue, bis September 2017 warten muss, um die nächste Stufe der Karriereleiter zu erklimmen, bzw. die Fördermöglichkeiten zu erhalten, die mir selber vorschweben.
Ich kann daher persönlich jedes Elternteil verstehen dessen Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist, wenn sie bis zur Finalisierung dieser lediglich Dienst nach Vorschrift machen. Wir haben zwar Gesetze, Regelungen und Verordnungen, die eine Benachteiligung von Eltern verhindern sollen, diese greifen jedoch immer nur für bisher erreichte Position. Dass man durch den Arbeitgeber und seine firmeninternen Karrieremechanismen trotz teilweise besserer Qualifikation um Jahre zurückgeworfen wird, ist die Kehrseite der Medallie die sich niemand so genau betrachtet.
Selbst schuld, sagen nun die Einen, weinerlich, werden Andere es nennen, aber ich hoffe, mindestens genauso viele sagen "stimmt, das ist bei uns ähnlich". Auch wenn ich keinen Zweifel habe, dass ich bei weiteren Kindern genauso handeln würde, das mehr an Geld was andere nun einstreichen, nur weil sie auf Kinder verzichten, wäre sinnvoller bei den Familien angesiedelt...
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