"Firmen bieten befristete Verträge an, wenn nur kurzzeitig oder vorübergehend Bedarf an Personal besteht oder eine Arbeitskraft zu einem bestimmten Zweck gebraucht wird, zum Beispiel für Saisonarbeit."
So, oder so ähnlich finden sich die Formulierungen bei allen Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft, wenn man sie auf das Thema anspricht.
Aus meiner praktischen Warte heraus kann ich sagen: Ausgemachter Blödsinn.
(Saison)Arbeiter mit befristetem Vertrag |
Was hat das aber nun mit diesem Blog zu tun? Nun, ich berichte hier einerseits von meiner Karriere und ihren Bremsspuren, andererseits werden Sie, lieber Leser, aber genau in dem Moment zu meinem Job, in dem Sie, von der oben beschriebenen, gesetzgeberischen Meisterleistung betroffen sind. Sind Sie gut qualifiziert und frei von Familie wird es vermutlich nicht lange dauern, bis Sie wieder in Arbeit stehen, vermutlich im nächsten befristeten Verhältnis. Haben Sie aber Mann/Frau und Kinder die betreut werden wollen und sollen zu Hause, sieht die Geschichte schon wieder ganz anders aus...
Noch unangenehmer, und damit sind wir beim heutigen Thema, ist es jedoch, wenn Sie gerade befristet beschäftigt sind und plötzlich Nachwuchs erwarten. Als erstes steht die Frage im Raum, warum Sie überhaupt befristet beschäftigt sind. Hier hilft ein Blick in den Arbeitsvertrag, das zuständige Unwort lautet "Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)".
Regelt es zum Einen etwas für uns Eltern sehr positives, nämlich den Anspruch gegenüber unserem Arbeitgeber auf eine Beschäftigung in Teilzeit, geißelt es zum Anderen Millionen Menschen durch seinen § 14, welcher die Legitimation für eine befristete Beschäftigung liefert.
Regelt es zum Einen etwas für uns Eltern sehr positives, nämlich den Anspruch gegenüber unserem Arbeitgeber auf eine Beschäftigung in Teilzeit, geißelt es zum Anderen Millionen Menschen durch seinen § 14, welcher die Legitimation für eine befristete Beschäftigung liefert.
§14 (1)
In Ihrem Vertrag steht, dass Sie nach §14 Absatz 1 befristet sind? Herzlichen Glückwunsch, dann stehen die Chancen nicht schlecht, dass Sie die Mutterschutz/Elternzeitvertretung für einen aus diesem Grund abwesenden Kollegen sind. Zwar gibt es noch diverse weitere Möglichkeiten in diesem Unterpunkt, der vorübergehende Bedarf an Ihrer Arbeitskraft wegen Abwesenheit des regulären Stelleninhabers ist jedoch bei weitem der häufigste Grund. Zudem ist hier für den Arbeitgeber die Dokumentation recht simpel, ein Krankenschein oder Elternzeitbescheid des Abwesenden liegt ja ohnehin vor, so dass es Personalers Liebling ist. Eine Befristigung nach diesem Absatz lässt sich zudem dem Grunde nach beliebig fortführen, solange im Betrieb ein entsprechener Grund besteht. Das führt teilweise zu bizarren Situationen in denen Angestellte 5 und mehr Jahre beschäftigt sind, ohne dabei sicher sein zu können, die nächste Verlängerung noch zu erhalten. Früher war das insbesondere im Öffentlichen Dienst noch ausgeprägter, bevor 2011 ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts den Punkt 7 dieses Unterabschnitts faktisch für nichtig erklärt hat und vielen Behörden in Deutschland auf einmal noch mehr ungewolltes Personal verschafft hat - unbefristet und auf Dauer!
§14 (2)
Dies ist der Klassiker der Privatwirtschaft. Die sogenannte "sachgrundlose Beschäftigung". Sie sind also grundlos da? Zugegeben manchmal fühlt man sich auf Arbeit so, gemeint ist aber etwas anderes: Der Arbeitgeber braucht Sie, Sie möchten den Job und eigentlich wäre nun ein unbefristeter Arbeitsvertrag mit Probezeit von maximal sechs Monaten abzuschließen. Dank dieses Absatzes kann er jedoch faktisch zwei Jahre (bei etwas längerer Kündigungsfrist) in alle Ruhe Ihre Dauermotivation erproben, ohne, dass es betrieblich hierfür einen Grund gäbe oder Sie hierfür irgendeinen Verdacht oder Anlass gegeben haben.
Für Berufseinsteiger sind befristete Arbeitsverhältnisse nach diesem Punkt des TzBfG heute der Regelfall und nicht die Ausnahme.
§14 (2a) ff.
Darüber hinaus gibt es noch einige, wenige, weitere Befristungsmöglichkeiten die jedoch vornehmlich Start-Ups oder ältere Arbeitnehmer betreffen und abschließend geregelt sind, weshalb sie auch seitens der Arbeitgeber eher selten gewählt werden.
Was bedeutet das nun für mich als schwangere Frau bzw. Elternzeit wünschenden (werdenden) Papa, wenn ich nach einer dieser Optionen befristet beschäftigt bin? Die Antwort ist relativ kurz und unerfreulich:
"Ein befristeter Vertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit."
Sind Sie also (werdende) Mutter, gelten für Sie die Regelungen des Mutterschutzgesetzes genau so lange, wie Ihr Vertrag noch vereinbarungsgemäß läuft. Nur, wenn der Arbeitgeber darüber hinaus eine Verlängerung gewährt, kommen also weitergehende Ansprüche zum Tragen.
Wichtig
ist jedoch, dass zumindest die Mutter auch nicht vor Ablauf des
Vertrags gekündigt werden kann, die Regelungen des Mutterschutzgesetzes
gelten hier vollständig fort, insbesondere auch der strikte
Kündigungsschutz.
Als Vater sieht es ähnlich aus, auch Sie können Ihre Elternzeit in
Anspruch nehmen, jedoch auch hier längstens bis zum Ende Ihres
Vertrages.
Wenn der Chef nicht verlängert
Ein Anspruch auf Fortsetzung oder Unterbrechung der Befristung aufgrund des Nachwuchses besteht in beiden Fällen NICHT.
Falls also der ultimate Fall eintritt, besteht auch für Sie am ersten Tag Ihrer Arbeitslosigkeit die Pflicht zur persönlichen Arbeitslosmeldung in der Agentur für Arbeit - was angesichts Ihrer Situation allerdings ein kurzer wird, da Sie dem Arbeitsmarkt ja in der Regel zunächst nicht zur Verfügung stehen. Beziehen Sie Leistungen nach dem SGB II - also Hartz IV - kann ein Elternteil bis zum 3. Geburtstag des Kindes im Leistungsbezug bleiben, ohne dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen zu müssen.
Keine Regel ohne Ausnahme
Ein Sonderfall besteht, wenn es sich nicht um einen nach TzBfG geschlossenen Vertrag, sondern um einen grundsätzlich befristeten Ausbildungsvertrag, z.B. im Einzelhandel, handelt. Hier kann die werdende Mutter ihr Recht auf Elternzeit trotz einer nominellen Befristung wahrnehmen und ihre Ausbildung auch nach der Elternzeit fortführen und beenden. Der befristete Arbeitsvertrag verlängert sich um die Dauer der tatsächlich in Anspruch genommenen Elternzeit, ohne dass es hierzu der Zustimmung oder Mitzeichnung des Arbeitgebers bedarf.
Muss ich einen Arbeitgeber über meine Schwangerschaft informieren?
Eine Rechtspflicht zur Mitteilung der Schwangerschaft gegenüber dem Arbeitgeber besteht für zunächst einmal nicht. Jedoch können sich über Treueverpflichtungen gegenüber dem Arbeitgeber Anhaltspunkte ergeben, dass Sie zur Mitteilung verpflichtet sind. Insbesondere die Einschränkungen des Mutterschutzgesetzes im Bezug auf Arbeitszeiten (z.B. keine Nachtarbeit zwischen 20 und 06 Uhr) und natürlich die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers in punkto Arbeitsschutz sind hier zu beachten. Wenn Sie also im CallCenter tagsüber tätig werden wollen, dürfen Sie im Vorstellungsgespräch bei der Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft aus ganzem Herzen lügen. Wenn Sie hingegen als Krankenschwester arbeiten wollen, besteht eine Pflicht, ihren (künftigen) Arbeitgeber umgehend nach eigener Erkenntnis über den glücklichen Umstand zu informieren, was bei Bewerbungen natürlich faktisch das Ende derselben sein wird. Allerdings ist das nochmals deutlich besser, als Schadensersatz leisten zu müssen, weil Ihnen oder Ihrem Kind doch etwas passiert ist...
Deshalb...
soll für heute diese Auflistung der Kategorie "Was ist, wenn.." genügen, die häufigsten Fälle sind damit dargestellt. Dem Thema Job aufnehmen / wechseln in dem Wissen, dass ich eigentlich eine familiäre Erziehungszeit plane, widme ich mich zu einem späteren Zeitpunkt nochmals hier im Blog. Warum, erfahren Sie dann.
Bleiben Sie gespannt - bis zum nächsten Mal
PS: Natürlich ist es so, dass eine Schwangerschaft gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes niemals Grund für eine Ablehnung oder eben Nicht-Verlängerung sein darf. Können Sie einen solchen Umstand beweisen, rate ich Ihnen, umgehend einen Anwalt zu kontaktieren und Ihre rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen. Allerdings zeigt meine Berufspraxis, dass kaum ein Arbeitnehmer so einen Nachweis führen kann, weshalb es für mich mehr eine nette, theoretische Spielart ist.
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